Warum der Kristall nicht startet und wie dies überraschenderweise mit der MCU zusammenhängt
Wie wir alle wissen, ist das Erste, was die MCU oder MPU nach dem Hochfahren erhalten sollte, ein Taktsignal.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine MCU mit einer externen Taktquelle zu verbinden: RC-Schaltungen, Keramikresonatoren, Kristalle (auch Quarzkristalle genannt), Quarzoszillatoren und Silizium/MEMS-Oszillatormodule.
Welches die optimale Taktquelle für eine Anwendung ist, hängt von vielen Faktoren ab, darunter Kosten, Genauigkeit, Stromverbrauch, Umgebungsparameter usw.
Ich werde hier den Einsatz von Keramikresonatoren oder Kristallen erörtern (einfach gesagt ist ein Keramikresonator ein Kristall mit integrierten Kondensatoren, wobei Quarzkristalle genauer und temperaturstabiler sind als Keramikresonatoren). Manchmal werden Kristalle auch als „XTAL“ bezeichnet.
Kristalle werden viel in kostensensiblen Anwendungen eingesetzt, aus dem leicht ersichtlichen Grund, dass sie ziemlich billig sind. Sie verfügen aber auch über eine hohe Präzision und hohe Frequenzstabilität und werden in vielen Anwendungen eingesetzt, in denen es nicht in erster Linie auf die Kosten ankommt.
Viele MCU-Anbieter schreiben eigene Anwendungshinweise, um Entwicklern mitzuteilen, wie der Kristall richtig mit der MCU verbunden wird, wie sie die richtigen Werte für Kondensatoren und Widerstand auswählen, was beim Platinenlayout zu berücksichtigen ist usw.
Schließlich, am Ende des Entwicklungsprozesses, nach Tests und Feldversuchen, ist das Design in Ordnung. Alles funktioniert wie es soll und das Produkt geht in die Produktion, in der Regel bei einem Fertigungspartner irgendwo auf der Welt.
Nach einiger Zeit – das können 6 Monate oder mehrere Jahre sein – erhalten Sie einen Anruf von Ihrem Fertigungspartner, dass das Produkt nach der Montage einen „Go/No Go“-Test nicht besteht. Nach der Untersuchung der Angelegenheit, die ihre Zeit dauert, finden Sie heraus, dass der Grund der ist, dass das Kristall nicht startet und die MCU nicht läuft.
Sie denken scharf nach und fragen sich, was hier nur vor sich geht. Sie hatten dieses Produkt schon wieder vergessen, sind ganz und gar mit einem neuen beschäftigt, erinnern sich nicht, was da entwickelt wurde, der Entwickler arbeitet nicht mehr für Sie, und natürlich haben Sie keine Zeit – ein ziemlicher Schlamassel.
So etwas passiert nicht oft. Ich weiß von etwa einem Dutzend Fälle aus den letzten 10 Jahren, aber vermutlich gibt es mehr solche Fälle, als ich kenne.
Der Grund ist letztlich nicht der Kristall, sondern die MCU und ein sogenannter „Die-Shrink“-Prozess (Chip-Schrumpfungspozess). Chip-Schrumpfung, das Verkleinern eines Chips, bedeutet, mithilfe eines moderneren Fertigungsverfahrens einen identischen Schaltkreis auf dem Halbleiter-IC zu erzeugen und die Transistor-/Gate-Größe und den Abstand der Verbindungen zu reduzieren. Dank Chip-Schrumpfung können mehr Prozessorchips auf demselben Silizium-Wafer gefertigt werden, sodass die pro Produkt anfallenden Kosten sinken.
Von der Chip-Schrumpfung profitieren auch die Endanwender, da der Chip durch die Verkleinerung bei gleicher Taktfrequenz den Stromverbrauch pro Transistor senkt. Dies führt zu einem Produkt mit geringerem Stromverbrauch und höherer Taktrate. Anbieter können auch zusätzliche Funktionen des Chips implementieren, die vor der Schrumpfung nicht möglich gewesen wären.
Chip-Schrumpfungen sind bei Halbleiterherstellern der Schlüssel zur Verbesserung des Preis-Leistungs-Verhältnisses und werden in regelmäßigen Abständen vorgenommen. Diese Abstände können von einem Jahr bis zu mehreren Jahren reichen.
Abbildung 1: Elektrisches Ersatzschaltbild eines Kristalls
Was sich aber im Chip-Schrumpfungsprozess nicht ändert ist das Gehäuse selbst, in dem der Chip untergebracht wird. Der Abstand zwischen Chip-Unterbau und Gehäusepins wird größer. Wird die Leiterbahnlänge zwischen Unterbau und Stift elektrisch „länger“, wirkt sich das auf die Impedanz und den Widerstand (ESR) der Last aus, und höhere Elektronengeschwindigkeiten im verkleinerten Chip wirken sich auf die Induktivität aus.
Je größer das Gehäuse einer MCU ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Chip-Schrumpfung Auswirkungen hat. Das Kristall verhält sich wie eine RLC-Schaltung, und ohne nun näher auf die Berechnung einzugehen: Die Parameter R, L und C nach dem Schrumpfungsprozess können den Wert der Kondensatoren und/oder Widerstände beeinflussen, die in der ursprünglichen Entwicklungsphase, vor dem Chip-Schrumpfungsprozess, ausgewählt und getestet wurden.
Dieses Phänomen ähnelt der Situation, wenn der Kristall während des Entwicklungsprozesses nicht startet. Wenn Sie aber überprüfen möchten, was vor sich geht, und die Pins mit den Oszilloskop-Messspitzen berühren, beginnt es plötzlich zu oszillieren. Die Messspitze fügt eine marginale zusätzliche Kapazität hinzu, die sonst vielleicht fehlt, um das Kristall zu starten.
Was ist also die Lösung?
Wenn das Problem auftritt, lässt sich nicht viel machen, wichtig ist daher vor allem, sich des Problems bewusst zu sein. Wie es bei der Feuerwehr heißt: „Die schnellste Methode, einen Brand zu löschen, ist ihn zu verhüten.“ Wenn also 20 bis 40 Cent zusätzliche Kosten pro System toleriert werden können, lautet die Empfehlung: Verwenden Sie einen einfachen Quarzoszillator anstelle eines Quarzkristalls. Quarzoszillatoren sind eine vollständig integrierte Lösung. Die Oszillatorhersteller stimmen den Quarzresonator auf den Oszillatorschaltkreis ab und nehmen damit dem Platinenentwickler diese Aufgabe ab. Quarzoszillatoren haben zudem viele andere Vorteile wie stabiler Betrieb, geringere EMI- und Vibrationsempfindlichkeit und ein garantiertes Starten – um nur ein paar zu nennen.
Eine andere Lösung heißt Wartung. Zuverlässige Anbieter geben in der überwiegenden Mehrzahl eine Produktänderungsmitteilung (PCN) aus, wenn sie Veränderungen an einem Teil ausführen, wozu auch der Chip-Schrumpfungsprozess zählt. Einige fügen sogar der Teilenummer ein Suffix hinzu, um zwischen den chipveränderten Teilen zu unterscheiden. Überwacht ein Entwickler die Produktänderungsmitteilungen bezüglich einer Chip-Schrumpfung, kann er die Platine mit dem alten Design und eine neue, geschrumpfte MCU nehmen und vorab, wenn noch Zeit ist, auf ordnungsgemäße Funktion prüfen. Wird ein Problem festgestellt, kann das Produkt geändert werden, um zu verhindern, dass in letzter Minute unerwartete Probleme bei der Massenfertigung auftreten, insbesondere wenn die Fertigung durch einen Fertigungspartner in einem anderen Land oder an einem anderen Ort erfolgt.

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