Verwendung kompakter abgeschirmter Steckverbinder für zuverlässige Highspeed-Verbindungen mit hoher Signaldichte
Zur Verfügung gestellt von Nordamerikanische Fachredakteure von DigiKey
2023-09-07
Die elektrische Abschirmung ist ein Aspekt der Entwicklung und Herstellung, der schon seit den Anfängen der Elektronik auf der Liste der Bedenken der Entwickler steht, aber sie ist zunehmend besorgniserregend, da die Datenraten steigen und die Systeme kleiner und enger integriert werden, mit mehr Signalleitungen in unmittelbarer Nähe. Diese Tendenzen erschweren das ansonsten einfache Konzept erheblich: Es soll verhindert werden, dass unerwünschte Signale von außen einen signalführenden Leiter erreichen und beeinflussen, und es soll verhindert werden, dass die Energie eines erwünschten Signals nach außen abstrahlt und nahe gelegene Leiter und Schaltkreise beeinträchtigt.
Um wirksam zu sein, muss die Abschirmung die aktiven Leiter vollständig umgeben und eine 360° leitende Barriere entlang des gesamten Pfades, einschließlich der Anschlussstecker, bilden. Um dies zu erreichen, gehen viele Konstrukteure davon aus, dass sie Koaxialkabel und -stecker verwenden müssen, da die interne Kabelabschirmung unter Beibehaltung der 360°-Abschirmungsintegrität abgeschlossen werden kann. Die resultierende flächige Kanaldichte bei der Verwendung von Koaxialkabeln ist jedoch gering, so dass dieser Ansatz nicht geeignet ist, um die elektrischen und physikalischen Anforderungen vieler Anwendungen mit Verbindungen von Board zu Board oder von Board zur Busplatinn mit hoher Geschwindigkeit und hoher Dichte zu erfüllen. Die Lösung ist die Verwendung von vollständig abgeschirmten Verbindungen. Diese unterstützen eine hohe Anzahl von Signalpfaden in einem einzigen, vollständig geschirmten Steckverbindergehäuse.
In diesem Artikel werden kurz die Grundlagen der Abschirmung und die Herausforderungen erörtert, mit denen Entwickler bei der Implementierung von Verbindungen mit hoher Kanalanzahl und Abschirmung konfrontiert werden, wenn mehrere einkanalige Koaxialkabel zu groß und zu sperrig wären. Er zeigt, warum eine umfassende 360°-Abschirmung besonders wichtig ist, und veranschaulicht anhand verschiedener Familien geschirmter Steckverbinder von Samtec bewährte Verfahren für die Entwicklung und Implementierung von Highspeed-Signalintegrität auf engem Raum.
Beginnen wir mit den Grundlagen der Abschirmung
Kabel und ihre Verbindungen (Steckverbinder) sind ein wesentlicher Bestandteil fast aller Systeme. Sie können eine Hauptplatine mit einem Erweiterungsboard, ein Board mit einem Bedienfeld, einer speziellen Schnittstelle oder einer Eingangs-/Ausgangsanordnung (I/O) verbinden. Um die Signalintegrität aufrechtzuerhalten, muss die Verbindung die Bandbreite des Signals bzw. der Signale unterstützen und außerdem resistent gegen elektromagnetische Störungen/Radiofrequenzstörungen (EMI/RFI) sein. Gleichzeitig darf sie keine EMI/RFI-Abstrahlung auf benachbarte Verbindungen, Boards oder Bauteile zulassen, insbesondere nicht auf solche, die schwache oder empfindliche Signale übertragen.
Die Abschirmung dämpft die Auswirkungen von elektromagnetischen Störungen und Hochfrequenzstörungen. Je nachdem, wo und wie sie platziert wird, kann sie in erster Linie das Rauschen in der Nähe seiner Quelle (manchmal auch als „Aggressor“ bezeichnet) dämpfen oder verhindern, dass es gegen Rauschen empfindliche Schaltkreise erreicht (das „Opfer“, Englisch: „Victim“ ) (Abbildung 1).
Abbildung 1: Die Abschirmung fungiert als Barriere zwischen einer Aggressor-Quelle und einem unbeabsichtigten, unschuldigen Opfer (Englisch: „Victim“) ihrer EMI und RFI. (Bildquelle: Journal of Computer Science and Engineering via Arvix)
Es ist zu beachten, dass ein bestimmter Leiter sowohl ein Aggressor sein kann, der einen „Cluster“ aus EMI/RFI-Energie aussendet, als auch das Opfer von Energie aus einer anderen Quelle. Außerdem muss es sich bei dem EMI/RFI-Aggressor nicht unbedingt um eine externe Quelle handeln, die nichts mit dem Produkt zu tun hat; es kann genauso gut ein anderer Teil des Systems sein, der als unbeabsichtigter Aggressor agiert, indem er Energie auf einen benachbarten Leiter oder eine Komponente abstrahlt.
Es gibt viele Richtlinien und so genannte „Faustregeln“ darüber, wie und wo die Erdungsabschirmung dieser Kabel und Verbindungen abzuschließen ist, um die Übertragung von Störenergie zwischen Aggressor und Opfer zu blockieren oder erheblich zu dämpfen. Leider stehen diese Leitlinien nicht nur oft im Widerspruch zueinander, sondern die richtige oder beste Antwort scheint oft von den Besonderheiten der jeweiligen Anordnung abzuhängen. Zu den vorgeschlagenen Leitlinien gehören:
- Erdung der Abschirmung an beiden Enden des Kabels.
- Erdung der Abschirmung nur am quellenseitigen Ende des Kabels.
- Erdung der Abschirmung nur am empfängerseitigen Ende des Kabels.
Intuitiv scheint es, dass sie nicht alle richtig sein können, oder vielleicht können sie es doch, je nach den Besonderheiten des Designs und der benötigten Dämpfungsleistung. Umfassende Labortests haben gezeigt, dass für eine wirksame Abschirmung bis in den Gigahertz(GHz)-Bereich beide Enden der Abschirmung abgeschlossen sein müssen; mit anderen Worten, die Abschirmung muss durchgängig und ununterbrochen sein.
Bei Audio- und niedrigeren HF-Frequenzen sind die Regeln etwas flexibler. Ein einseitiger Abschluss der Abschirmung kann für Anwendungen bis etwa 1 Megahertz (MHz) akzeptabel sein, ist aber für 10 MHz und darüber nicht geeignet.
Vollständige Abschirmung ist erforderlich
Detaillierte Testergebnisse zeigten auch, dass der weit verbreitete kurze „Pigtail“-Abschluss für die Abschirmung oft unwirksam war (Abbildung 2). Auch wenn sie nur wenige Millimeter (mm) lang ist, beeinträchtigt ihre niedrige Induktivität ihre Leistung bei höheren Frequenzen und könnte so einen Großteil der Leistung der Abschirmung zunichte machen. Schlimmer noch, der harmlose Pigtail-Anschluss könnte sogar kontraproduktiv sein, da er als Strahler elektromagnetischer Energie (Antenne) fungiert und mehr EMI/RFI abstrahlt, als dass er sie nur effektiv dämpft.
Abbildung 2: Der harmlos aussehende Abschirmungsanschluss dieses HDMI-Kabels im Pigtail-Stil ist nicht nur ineffektiv, sondern kann ein kontraproduktiver elektromagnetischer Strahler sein. (Bildquelle: Dana Bergey und Nathan Altland, via Interference Technology)
Stattdessen ist eine physikalische 360°-Abdeckung am Schirmanschluss erforderlich, wie sie in den meisten Hochleistungs- und MIL-Normen gefordert wird (Abbildung 3).
Abbildung 3: Für eine maximale Wirksamkeit der Abschirmung ist ein vollständiger 360°-Abschluss (oben) erforderlich, und nicht die schnelle und einfache Erdungsverbindung mit einem „Pigtail“ (unten). (Bildquelle: ResearchGate)
Die Notwendigkeit eines beidseitigen Abschlusses mit einer 360°-Abdeckung ist physikalisch bedingt: Wenn die Betriebsfrequenzen in den Hunderten von MHz- und GHz-Bereich steigen, werden die entsprechenden Wellenlängen kürzer. Das bedeutet, dass selbst winzige Lücken in der Abschirmung ein buchstäbliches Fenster darstellen, durch das die Signalenergie mit geringer oder gar keiner Dämpfung passieren kann.
Zusammen mit den höheren Frequenzen sind die heutigen Systeme sehr dicht gepackt. Das bedeutet, dass die HF-Ausbreitungsverluste zwischen dem Aggressor und dem Opfer weitaus geringer sind, da der Pfadverlust mit dem Quadrat der Entfernung zunimmt. So kann selbst eine scheinbar unbedeutende Menge an unbeabsichtigtem Aggressor-Signal die Schaltkreise des Opfers mit einer relativ hohen Stärke erreichen und beeinflussen.
Die Verwendung einer Abschirmung mit 360°-Integrität, wie sie häufig bei einzelnen Koaxialkabeln und -steckern anzutreffen ist, ist in Bezug auf den EMI/RFI-Schutz sicherlich wirksam. Die Verwendung von Koaxialkabeln steht jedoch häufig im Widerspruch zu den hohen Anforderungen an die physische Dichte vieler Systeme.
Außerdem benötigen viele Hochleistungssysteme eine Abschirmung über mehrere parallele Signalleitungen, wie in zwei grundlegenden Szenarien zu sehen ist:
- Für Board-zu-Board-Verbindungen, z. B. zwischen einer Hauptplatine und einem Erweiterungsboard, mit einer einzigen Abschirmung um alle Leitungen
- Mehrere geschirmte Koaxialkabel in einem einzigen Kabelsatz, mit einem einzigen Gegenstecker
Einzelne Abschirmung für Board-zu-Board-Designs
Das Konzept, eine einzige Abschirmung für mehrere Signalleitungen zu verwenden, ist im Prinzip ganz einfach. Die Leitungen werden von einer Abschirmung umschlossen, die über die Aderendhülse gefaltet wird und mit dem Steckergehäuse in Kontakt kommt (Abbildung 4).
Abbildung 4: Durch das Wickeln der Abschirmung um die Gruppe der Signalleiter werden die Leitungen als Gruppe abgeschirmt. (Bildquelle: Samtec)
Dieser Ansatz löst das Abschirmungsproblem und erfordert nur minimalen zusätzlichen Platz auf der Leiterplatte im Vergleich zu einer ungeschirmten Verbindung. Es ist wichtig, dass der geschirmte mehrpolige Steckverbinder die gleiche grundlegende Signalleitungsleistung wie ein ungeschirmter Steckverbinder bietet und gleichzeitig ein zuverlässiges und konsistentes Stecken und Trennen gewährleistet, ohne die Abschirmung zu beeinträchtigen.
Ein Beispiel für diese mehrpolige geschirmte Verbindung ist ein geschirmtes Board-zu-Board-Steckverbinderpaar mit 20 Positionen, die Steckleiste ERM8-010-9.0-L-DV-EGPS-K-TR von Samtec und die Sockelleiste ERF8-010-7.0-S-DV-EGPS-K-TR (Abbildung 5). Diese robusten Highspeed-Steckleisten sind für Highspeed-Anwendungen (NRZ-Kodierung (Non-Return-to-Zero) mit 28 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) und vierstufige Puls-Amplituden-Modulation (PAM4) mit 56 Gbit/s) mit hoher Taktrate ausgelegt.
Abbildung 5: Die 20-polige ERM8-Steckleiste (links) und die zugehörige ERF8-Sockelleiste (rechts) bieten geschirmte Board-zu-Board-Verbindungen. (Bildquelle: Samtec)
Die Steckverbinder bieten einen Kontaktweg von bis zu 1,5 mm und verfügen über eine robuste Halterung, Verriegelung und 360°-Abschirmung. Darüber hinaus sind sie robust gegen „reißverschluss“-artiges Trennen (Abziehen mit einer außermittigen, nicht normalen Kraft). Die Highspeed-Performance wird durch Samtecs „Edge-Rate“-Kontaktsystem ermöglicht, das für Hochgeschwindigkeits- und Hochzyklusanwendungen ausgelegt ist. Es ist für die Signalintegrität optimiert, indem es die breitseitige Signaleinkopplung reduziert und eine glatte, breit gefräste Kontaktoberfläche für geringeren Verschleiß aufweist (Abbildung 6).
Abbildung 6: Zur Verringerung der breitseitigen Signaleinkopplung verwenden der ERM8 und der ERF8 ein proprietäres Edge-Rate-Kontaktsystem. (Bildquelle: Samtec)
Die breit gefrästen Kontakte schaffen eine glatte Steckfläche, im Gegensatz zu gestanzten Kontakten, die an einer Schnittkante anliegen. Diese glatte Passfläche reduziert die Verschleißspuren am Kontakt und erhöht die Lebensdauer und Haltbarkeit des Kontaktsystems. Zudem verringert sie die Steck- und Ziehkräfte.
Auch Koaxialkabel werden benötigt
Koaxialkabel spielen eine wesentliche und unersetzliche Rolle bei der Signalübertragung, aber die Verwendung von Verbindungen, die nur ein einziges Koaxialkabel unterstützen, kann frustrierend sein, wenn mehrere parallele Signale benötigt werden. Um dieser Situation zu begegnen, bietet Samtec eine Familie von mehrpoligen geschirmten Koaxialkabelsteckern an, die 20, 30, 40 und 50 Positionen unterstützen. Dazu gehört der LSHM-110-02.5-L-DV-A-S-K-TR, ein oberflächenmontierbarer, selbstschließender Mischpol-Steckverbinder mit 20 Positionen (Abbildung 7).
Abbildung 7: Der LSHM-110-02.5-L-DV-A-S-K-TR ist ein oberflächenmontierbarer, selbstschließender Mischpol-Steckverbinder mit 20 Positionen (für bis zu 50 Positionen erhältlich). (Bildquelle: Samtec)
Der LSHM ist ein robuster Steckverbinder mit hoher Kontaktdichte für den Einsatz in Board-zu-Board- und Board-zu-Kabel-Anwendungen, mit optionaler Abschirmung für EMI-Schutz. Durch die Verwendung des „Razor Beam“-Feinkontaktsystems spart das hermaphroditische Design Leiterplattenfläche in der X-, Y- und Z-Achse. Dieser Steckverbinder bietet ein Rastermaß von 0,50 mm sowie ein hörbares Klicken beim Stecken, wobei die Kräfte beim Stecken und Trennen etwa vier- bis sechsmal höher sind als bei typischen Mikroraster-Steckverbindern.
Dieser auf der Platine montierte Steckverbinder ist nur die Hälfte der Verbindung, denn es wird noch ein Kabel benötigt (Abbildung 8). Diese Baugruppe verwendet ebenfalls die Razor-Beam-Technologie mit einem Rastermaß von 0,50 mm.
Abbildung 8: Die Feinraster-Koaxialkabelkonfektionen mit Razor-Beam-Technologie bieten eine komplette Board-zu-Kabel-Lösung für mehrere Leiter. (Bildquelle: Samtec)
Eine ergänzende Kabelkonfektion für den zitierten 20-poligen, platinenmontierten, geschirmten Mehrleiterkoaxialstecker ist das HLCD-10-40.00-TD-TH-1, ein ein Meter langes Kabel mit selbstverriegelnden, nicht geerdeten, hermaphroditischen Steckern an beiden Enden (Abbildung 9). Es verwendet 38AWG-Mikrokoaxkabel mit einer Impedanz von 50 Ohm (Ω) und ist für 14 Gbit/s pro Kontakt ausgelegt.
Abbildung 9: 50Ω-Mikrokoaxialkabel für mehrere Leiter wie das 20-polige HLCD-10-40.00-TD-TH-1 verfügen über selbstverriegelnde, nicht geerdete, hermaphroditische Stecker an jedem Ende. (Bildquelle: Samtec)
Das komplette Bild
Um die Spezifikation und den Einsatz dieser Highspeed-Steckverbinder zu erleichtern, hat Samtec das Konzept der Leiterplatten-Layouts der Hersteller und der SPICE-Modelle für Steckverbinder erweitert, indem es Referenzdesigns für eines der schwierigsten Designprobleme auf der Leiterplatte anbietet: die kritische „Break Out Region“ (BOR) um den Highspeed-Steckverbinder herum. Die Signalintegritätsingenieure von Samtec haben für viele ihrer Highspeed-Steckverbinderserien eine so genannte „Final Inch Break Out Region“ mit Empfehlungen für die Leiterbahnverlegung auf der Leiterplatte entwickelt.
Diese Design-Empfehlungen basieren auf der Verwendung von Standard-Platinenmaterialien, mehreren Schichten und kostengünstigen, ertragreichen Herstellungsverfahren und erfordern keine besondere Behandlung. Diese Empfehlungen können Zeit und Ressourcen für Design, Entwicklung und Validierung einsparen und ein Gleichgewicht zwischen Leistung, Herstellbarkeit und Kosten herstellen.
Fazit
Die vollständige elektrische Abschirmung von Kabeln, Steckern und Verbindungen ist entscheidend für die Signalintegrität und Leistung sowohl bei Board-zu-Board- als auch bei Board-zu-Kabel-Konfigurationen. Das Problem der Abschirmung wird noch schwieriger, wenn mehrere parallele Signale vorhanden sind, die abgeschirmt werden müssen, um EMI/RFI-Emissionen oder die Anfälligkeit für diese Emissionen zu verhindern. Wie gezeigt, bietet Samtec verschiedene Familien von Mehrleiter-Board-zu-Board- und Koaxialkabel-zu-Board-Verbindungen an, um die Implementierung und die Herstellung zu vereinfachen und gleichzeitig ein hohes Maß an mechanischer und elektrischer Integrität und Leistung zu gewährleisten.

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