Elektromechanische Relais kontra Schaltschütze: So finden Sie den passenden Typ für Ihre Anwendung.

Von Steve Leibson

Zur Verfügung gestellt von Nordamerikanische Fachredakteure von DigiKey

Viele Anwendungen müssen Schaltkreise mit hoher Isolation schalten oder dazu in der Lage sein, hohe Spannungen und hohe Ströme mit einem leistungsschwachen Steuersignal zu schalten. In manchen Fällen ist eine auf Halbleitern basierende Lösung nicht geeignet. Die Entwickler müssen dann zwischen elektromechanischen Relais und Schaltschützen wählen und verstehen, wie diese korrekt eingesetzt werden.

Elektromechanische Relais können mit einem Steuersignal von nur wenigen Volt relativ hohe Ströme schalten. Außerdem bieten sie eine gute Spannungsisolation zwischen Steuersignal und geschalteter Leistung. Stärkere Ströme und sehr hohe Schaltspannungen erfordern jedoch Schaltschütze, die im Wesentlichen extrem leistungsstarke elektromechanische Relais sind. Die meisten Entwickler sind mit den vielen verschiedenen Relaistypen vertraut, die von Reed- bis hin zu Hochleistungsrelais reichen. Jedoch sind nur wenige Personen außerhalb der industriellen Energiewirtschaft mit Schaltschützen vertraut, die häufig zum Schalten von Hochspannungsschaltkreisen und sehr hohen Lasten eingesetzt werden.

Dieser Artikel behandelt den Unterschied zwischen Relais und Schaltschützen und geht auf die Anwendungen ein, für die sie jeweils am besten geeignet sind. Er stellt eine Auswahl verschiedener Relais- und Schaltschützlösungen vor und gibt praktische Tipps zur Verwendung der einzelnen Typen.

Relais kontra Schaltschütze

Sowohl bei Relais als auch bei Schaltschützen handelt es sich um elektromechanische Komponenten, die über einen Elektromagneten ein oder mehrere Kontaktpaare betätigen. Einpolige Relais oder Schaltschütze verfügen über nur ein Kontaktpaar. Es gibt auch zweipolige Relais und Schaltschütze und die Anzahl der Kontakte kann relativ hoch werden. Schaltschütze können als Schließer oder Öffner konzipiert sein. Manche Relais und Schaltschütze verfügen auch über Umschaltkontakte, die einen Schließer- und einen Öffnerkontakt kombinieren.

Relais eignen sich zum Schalten niedriger und mittlerer Stromlasten bei relativ niedrigen Spannungen und sind in vielen Formfaktoren erhältlich, unter anderem als steckbare und platinenmontierbare Versionen, die auf eine Leiterplatte gelötet werden können. Schaltschütze sind für hohe Ströme und hohe Spannungen konzipiert.

Die Auswahl eines passenden Relais oder Schaltschützes hängt stark von der zu schaltenden Last ab. Im Folgenden finden Sie eine Zusammenstellung verschiedener Lasttypen sowie Tipps für den Umgang mit diesen Lasten:

  • Ohmsche Lasten weisen beim erstmaligen Einschalten keinen Stromstoß auf. Das bekannteste Beispiel für eine ohmsche Last ist ein einfaches Heizgerät. Wenn seine angegebene Stromaufnahme 10 Ampere beträgt, kann es mit einem 10-Ampere-Relais sicher geschaltet werden. In der Realität existieren nur sehr wenige rein ohmsche Lasten. Die meisten Lasten treten als eine Kombination von zwei oder mehr Lasttypen auf.
  • Lampenlasten ziehen beim erstmaligen Einschalten hohe Ströme. Der Glühfaden einer Glühlampe hat einen hohen Temperaturkoeffizienten. Im kalten Zustand kann sein Widerstand lediglich 5 Prozent des Glühfadenwiderstands einer heißen Lampe betragen. In diesem Fall wird 20-mal mehr Strom gezogen als nach dem Aufheizen der Lampe. Eine Glühlampe mit 75 Watt zieht im Normalbetrieb einen Strom von etwas mehr als einem halben Ampere. Beim Einschalten jedoch zieht der kalte Glühfaden einen Einschaltstrom von 13 Ampere. Obwohl dieser Einschaltstrom nur für etwa eine Zehntelsekunde anhält, müssen alle Relaiskontakte, über die eine Glühlampenlast fließt, für diesen hohen Einschaltstrom geeignet sein.
  • Motorlasten ziehen beim erstmaligen Einschalten ebenfalls hohe Ströme. Ein einphasiger Synchronmotor mit 110 Volt AC und 1/3 PS zieht üblicherweise etwas über 4 Ampere. Beim Anlassen oder mit einem blockierten Rotor kann derselbe Motor über 24 Ampere ziehen. Befreit von seiner mechanischen Last kann der Motor im unbelasteten Betrieb 6 Ampere ziehen.
  • Kapazitive Lasten verursachen beim Einschalten hohe Stromstöße, da ein Kondensator stets versucht, für sich selbst eine konstante Spannung aufrechtzuerhalten. Legt man an einen ungeladenen Kondensator eine Spannung an, verursacht man dadurch praktisch kurzzeitig einen Kurzschluss. Solch hohe Einschaltströme können dazu führen, dass die Relaiskontakte verschweißen. Typische kapazitive Lasten sind die Ausgangsspannungen von DC-Netzteilen sowie andere gefilterte Stromversorgungen.
  • Induktive Lasten bieten ein sanftes Anlaufen, da der Laststrom beim Einschalten langsam ansteigt. Beim Abschalten der Last wird an den Kontakten des Relais jedoch eine induktive Spannungsspitze induziert, da eine Induktivität stets versucht, für sich selbst einen konstanten Strom aufrechtzuerhalten. Diese induzierte Spannungsspitze kann hoch genug sein, um an den Kontakten des Relais einen Lichtbogen zu verursachen, wodurch die Kontakte langsam abschmelzen und es bei jedem Schaltvorgang zu Lochfraß an den Kontaktflächen kommen kann. Das erklärt, warum in die Spulen mancher Relais Snubber-Dioden integriert sind, um einen Lichtbogenüberschlag zu vermeiden. Beispiele für hohe induktive Lasten sind Magnetantriebe, elektrisch betätigte Ventile und Relais.

Relais im Detail

Wichtige Spezifikationen von Relais sind die Spulenspannung, der Betrieb mit AC- oder DC-Spule, Nennstrom und Konfiguration der Kontakte (Schließer, Öffner, mehrpolig), die Anzahl der Kontakte sowie die Betätigungs-/Abfallzeiten. Es ist wichtig, das Schalten von Strömen zu vermeiden, die für den zuverlässigen Betrieb eines Relais zu gering sind. Für den ordnungsgemäßen Betrieb der Kontakte eines Relais kommt es ein bisschen darauf an, dass ein vorgeschriebener Mindeststrom geschaltet wird. Dieser Strom entfernt Verunreinigungen, die sich auf den Kontaktflächen des Relais gebildet haben können.

Die Untergrenze für den Strom, mit dem ein Relais zuverlässig geschaltet werden kann, hängt von verschiedenen Faktoren wie beispielsweise dem Material und der Geometrie der Kontakte und den mechanischen Gleiteigenschaften der Kontaktflächen ab. All diese Faktoren haben Einfluss auf den minimalen Schaltstrom eines Relais. Mit Relais mit vergoldeten Kontakten und mit Gabelkontakten können Ströme von lediglich 10 Milliampere zuverlässig geschaltet werden.

Normale Reed-Relais und solche mit quecksilberbenetzten Kontakten eignen sich für Schaltanwendungen mit niedrigen Pegeln. Ein Beispiel: Die Reed-Relais JWD und JWS von TE Connectivity Potter und Brumfield Relays sind mit verschiedenen Spulenspannungen von 5 bis 24 Volt DC sowie in verschiedenen ein- und zweipoligen Konfigurationen erhältlich.

Das Reed-Relais JWD-171-10 von TE Connectivity beispielsweise verfügt über eine 24-Volt-Spule mit einer integrierten Snubber-Diode und einen Arbeitskontakt zum Schalten eines maximalen Stroms von 500 Milliampere bei 20 Volt. Die Reed-Relais der JWD-Serie können auf einer Leiterplatte montiert werden und verfügen über dieselbe Grundfläche wie eine integrierte Schaltung in einem DIP-Gehäuse mit 14 Pins, obwohl sie nur acht Pins aufweisen (Abbildung 1).

Bild: Reed-Relais der JWD-Serie von TE Connectivity Potter and Brumfield Relays

Abbildung 1: Reed-Relais der JWD-Serie von TE Connectivity Potter and Brumfield Relays mit der Grundfläche eines DIP-Gehäuses mit 14 Pins sind mit vielen verschiedenen Spulenspannungen und Kontaktkonfigurationen erhältlich. (Bildquelle: TE Connectivity Potter and Brumfield Relays)

Reed-Relais sind üblicherweise nicht zum Schalten höherer Lasten geeignet, für die ein größeres Gehäuse benötigt wird, um die größeren Kontakte für hohe Ströme unterbringen zu können. Das Mehrzweckrelais G2R-1-DC24 von Omron Electronic Components beispielsweise ist für das Schalten von 10 Ampere bei 24 Volt geeignet. Es verfügt über eine 24-Volt-DC-Spule und eine SPDT-Kontaktkonfiguration (Single Pole Double Throw). Dieses Relais ist etwas größer als die Reed-Relais der JWD-Serie von TE Connectivity, kann jedoch ebenfalls noch auf einer Leiterplatte montiert werden (Abbildung 2).

Bild: Mehrzweckrelais G2R-1-DC24 von Omron Electronics zur Platinenmontage

Abbildung 2: Das Mehrzweckrelais G2R-1-DC24 zur Platinenmontage von Omron Electronic beispielsweise ist für das Schalten von 10 Ampere bei 24 Volt geeignet. (Bildquelle: Omron Electronics)

Omron bietet mit dem G2R-1-SND-DC24(S) außerdem ein ähnliches Relais an, das für steckbare Plug-in-Anwendungen konzipiert ist. Es gibt mehrere passende Zusatzstecker für diese Relaisausführung in Versionen, die für DIN-Schienen, Frontplatten und Durchsteckplatinen geeignet sind.

Schaltschütze im Details

Ein Schaltschütz ist die Entsprechung eines Relais für industrielle Schwerlastanwendungen und kommt standardmäßig in Werk- und Industrieanwendungen zum Einsatz. Schaltschütze sind etwas robuster als Relais und lassen sich üblicherweise problemlos auf einer standardmäßigen DIN-Schiene montieren. Manche verfügen über zusätzliche Montagebohrungen, sodass sie direkt an einer flachen Oberfläche befestigt werden können. Sie sind ausgelegt auf das Schalten hoher Lasten, wie etwa Kleinmotoren und Schrittmotoren mit mehreren PS, großer Heizlasten und Beleuchtungen von Industrie- und Wohngebäuden. Folglich sind Schaltschütze zur Aufnahme großer Hochstromdrähte konzipiert.

Wie Relaisspulen auch sind die Spulen für Schaltschütze mit AC- oder DC-Spezifikationen erhältlich. Schaltschütze, die von einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS, englisch: Programmable Logic Controller, PLC) gesteuert werden, verfügen normalerweise über Magnetspulen mit 24 Volt DC. Spulenantriebe für AC-Leitungsspannungen (inklusive 110, 220 und 240 Volt AC) sind jedoch ebenfalls gebräuchlich.

Wie bei Relais auch zieht der Elektromagnet eines Schaltschützes einen Aktuator oder Stößel magnetisch an, der dann eine Verbindung mit einem oder mehreren der elektrischen Kontaktpaare des Schaltschützes herstellt. Anders als Relais sind Schaltschütze modular aufgebaut, weswegen der Elektromagnet problemlos ausgetauscht werden kann, um die Spannung zu ändern. Da Relais üblicherweise nicht modular aufgebaut sind, muss in der Regel das gesamte Relais ausgewechselt werden, wenn die Konfiguration eines Relais geändert werden soll. Dank des modularen Aufbaus von Schaltschützen können Benutzer auch die Anordnung der betätigten Kontakte ändern.

Schaltschütze verfügen für gewöhnlich über mehrere Kontaktsätze. Manchmal bieten Schaltschütze nur Hochstromkontakte. Sie können jedoch auch über eine Mischung aus Hoch- und Niederstromkontakten verfügen, die für das gleichzeitige Schalten von Leistungs- bzw. Signalkreisen verwendet werden. Der Niederstromkontakt wird auch als Hilfskontakt bezeichnet. Der Unterschied zwischen den zwei Kontakttypen liegt darin, dass Hochstromkontakte größer ausfallen als die Niederstromkontakte, um die höheren Lastströme übertragen zu können. Ein Schaltschütz zur Steuerung eines Drehstrommotors etwa könnte über drei Hochstromkontakte für die Motorleistung und einen Hilfskontakt zur Ausgabe des momentanen Betätigungszustands des Motors verfügen.

Das Schaltschütz J7KNA-AR-31 24VS von Omron Automation & Safety beispielsweise verfügt über eine Magnetspule mit 24 Volt DC und einen vierpoligen Ein-Aus-Schalter (Abbildung 3). Die Kontakte sind für 10 Ampere bei einer maximalen Schaltspannung von 600 Volt AC geeignet. Die J7KNA-AR-Serie von Omron ist modular und gestattet das Festlegen zahlreicher Optionen, inklusive Spulenspannung, Kontaktanordnung (erhältlich in 4-, 6- und 8-poligen Versionen) und Montageverfahren.

Bild: Schaltschütz J7KNA-AR-31 24VS von Omron Automation and Safety

Abbildung 3: Das Schaltschütz J7KNA-AR-31 24VS von Omron Automation and Safety verfügt über eine Magnetspule mit 24 Volt DC und einen vierpoligen Ein-Aus-Schalter. (Bildquelle: Omron Automation and Safety)

Die Mechanik von Schaltschützen hat sich im Lauf der Zeit weiterentwickelt, sodass es nun möglich ist, mehrere Schaltschütze mechanisch zu verbinden und dadurch mehrere gleichzeitige Betätigungen zu ermöglichen. Ebenfalls realisierbar ist eine mechanische Verriegelung, die verhindert, dass ein Schaltschütz betätigt wird, wenn gerade ein benachbartes Schaltschütz betätigt wird.

Da bei Schaltschützen mit hohen Strömen und hohen Spannungen gearbeitet wird, kann die Lebensdauer des Schaltschützes verlängert werden, wenn man ein Schaltschütz mit höherer Strombelastbarkeit als nötig verwendet. Bei größeren Kontakten ist der Verschleiß durch die Betätigung aufgrund der stabileren Bauweise und der dickeren Beschichtung geringer.

Das EV200AAANA von TE Connectivity Aerospace Defense and Marine ist ein Beispiel für ein solches Hochstrom-Schaltschütz. Dieses Schaltschütz ist für Lasten von 900 Volt und Ströme von 500 Ampere oder die Unterbrechung eines Laststroms von 2000 Ampere bei 320 Volt DC über seine Hauptstromkontakte geeignet. Mehrere Hilfskontakte sind auf Ströme von 2 Ampere bei 30 Volt DC oder 3 Ampere bei 125 Volt AC ausgelegt. Das Schaltschütz EV200AAANA verfügt über eine Magnetspule mit 12 Volt DC. Für dieses Schaltschütz wird ein abgedichtetes, nicht modulares Design verwendet (siehe Abbildung 4). Dieses Schaltschütz kommt üblicherweise in Batterieschaltungen, in Notstromversorgungen mit Batterien, bei der DC-Leistungsregelung und als Schaltungsschutz zum Einsatz.

Bild: Abgedichtetes, nicht modulares Schaltschütz EV200AAANA von TE Connectivity

Abbildung 4: Das abgedichtete, nicht modulare Schaltschütz EV200AAANA von TE Connectivity ist zum Schalten von 500 Ampere mit einer Steuerspannung von 12 Volt geeignet. (Bildquelle: TE Connectivity)

Für spezielle Anwendungen sind auch spezielle Schaltschütze erhältlich. So erfordern beispielsweise viele industrielle und kommerzielle Schaltschützanwendungen das Schalten von Beleuchtungslasten mit sehr hohen Einschaltströmen, die zum Verschweißen der Kontakte eines normalen Schaltschützes führen können. Eine Halogenmetalldampflampe etwa ist eine solche Last mit einem hohen Einschaltstrom. Schaltnetzteile stellen ebenfalls vergleichbar hohe kapazitive Lasten dar, die hohe Einschaltströme ziehen. Es gibt spezielle Schaltschütze mit integrierten NTC-Thermistoren, die den Einschaltstrom der Last begrenzen und dadurch verhindern, dass die Kontakte verschweißen. Dasselbe Ergebnis lässt sich erreichen, wenn dem Stromkreis extern zum Schaltschütz ein NTC-Thermistor zur Einschaltstrombegrenzung hinzugefügt wird.

Fazit

Relais und Schaltschütze sind sehr effiziente Komponenten zum Schalten von elektrischer Leistung, solange sie über die passenden Spezifikationen verfügen, d. h. die richtige Spulenspannung (inklusive AC und DC) und korrekt dimensionierte Kontakte. Relais sind in vielen Formfaktoren erhältlich. Schaltschütze hingegen sind standardisierte Industriekomponenten, die eher in einheitlicheren Formfaktoren erhältlich sind. Die Auswahl hängt von der zu schaltenden Last ab, wobei jedoch auch der Lasttyp (ohmsch, kapazitiv oder induktiv) zu berücksichtigen ist.

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Über den Autor

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Steve Leibson

Steve Leibson war Systemingenieur für HP und Cadnetix, der Chefredakteur für EDN und Microprocessor Report, ein Tech-Blogger für Xilinx und Cadence (u.a.) und er diente als Technologieexperte für zwei Folgen von „The Next Wave with Leonard Nimoy“. Er hilft Entwicklern seit 33 Jahren, bessere, schnellere und zuverlässigere Systeme zu entwickeln.

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