Absicherung von Produktionsanlagen

Wenn Maschinen an ihre Grenzen gehen und Sicherheit zur Pflicht wird

Wenn Maschinen den Takt vorgeben und jede Bewegung optimiert ist, entscheidet zuverlässige Sicherheitstechnik über den Unterschied zwischen Routine und Risiko. Moderne Anlagen in einer Fertigung benötigen mehr als nur einen Not-Aus-Schalter. Zuverlässige Systeme für den Ernstfall sind Pflicht.

In modernen Produktionsanlagen bewegen sich Roboter mit Geschwindigkeiten von mehreren Metern pro Sekunde. Hydraulische Pressen erzeugen Kräfte von hunderten Tonnen und unterscheiden dabei nicht zwischen Blech und Hand. Die Maschinen arbeiten und arbeiten ohne Unterbrechung. Tag und Nacht. Sie sind jedoch auf die Unterstützung der Menschen angewiesen. Daher ist die Frage nicht, ob Sicherheitstechnik in diesen Produktionshallen nötig ist, sondern wie verlässlich sie im Ernstfall funktioniert.

Die unsichtbaren Wächter der Automatisierung

Sicherheitsrelais sind für viele Sicherheitssysteme fundamental. Sie überwachen mit Hilfe von Sensoren kritische Situationen und stellen sicher, dass sich ein einziger Fehler nicht unmittelbar zu einem Gefährdungspotenzial wächst.

(Bildquelle: TE Connectivity Potter & Brumfield Relays)

Geräte wie die ReLy-Produktlinie von SICK bauen auf dem Zwei-Kanal-Prinzip auf. Das bedeutet, dass zur Freigabe einer Maschine zwei unabhängige Signalpfade übereinstimmen müssen. Diagnostizierbarkeit und Querschlussüberwachung sind dafür verantwortlich, Fehlzustände aufzunehmen und die Maschine in den sicheren Zustand zu überführen.

Modulare Sicherheitssysteme von Herstellern wie Omron Automation & Safety oder Schneider Electric lassen sich flexibel an den geforderten Performance Level (PL) oder Safety Integrity Level (SIL) anpassen. Das geht von einer einfachen Türüberwachung bis hin zu komplexen Roboterzellen. Die Nächste Stufe an Intelligenz bieten programmierbare Safety Controller (z. B. von IDEC oder ifm Efector). Diese überwachen mehrere Sicherheitsfunktionen gleichzeitig und verarbeiten dabei logische Verknüpfungen. Sie müssen die Anforderungen aus der IEC 62061 oder ISO 13849 erfüllen.

(Bildquelle: Omron Automation & Safety)

Berührungslose Schutzkonzepte: Lichtvorhänge und Laserscanner

In Bereichen, in denen Menschen und Maschinen auf engem Raum arbeiten, verhindern berührungslose Schutzeinrichtungen schwere Unfälle. Hierbei kommen Sicherheits-Lichtvorhänge zum Einsatz. Sie bestehen aus einer Sende- und einer Empfangseinheit, die ein Gitter aus für den Menschen unsichtbare Infrarotstrahlen über den Gefahrenbereich projizieren. Wird der Lichtvorhang unterbrochen, erkennt das System dies in Millisekunden und stoppt die Maschine kontrolliert, um Schäden an Mensch und Maschine zu vermeiden.

Lichtvorhänge werden nach IEC 61496 in Typ 2 und Typ 4 unterteilt. Typ 2-Lichtvorhänge sind für Anwendungen mit mittlerem Risiko vorgesehen. Ein mittleres Risiko sagt, dass Verletzungen möglich sind, aber in der Regel keinen lebensbedrohlichen Schaden anrichten. Sie eignen sich bis Performance Level c nach EN ISO 13849-1. Typ 4-Systeme werden dagegen in Hochrisiko-Anlagen eingesetzt, in denen eine Fehlfunktion schwere oder tödliche Verletzungen verursachen könnte. Sie müssen daher so konstruiert sein, dass kein einzelner Fehler zum Verlust der Sicherheitsfunktion führt und Fehler erkannt werden, bevor der Betrieb fortgesetzt werden kann. Typ 4-Lichtvorhänge erfüllen die Anforderungen bis Performance Level e.

Je nach Anwendungsbereich sind verschiedene Auflösungen erforderlich. Beim Einsatz an Pressen oder Montageautomaten werden in der Regel Systeme mit einer 14-mm-Auflösung eingesetzt. Diese erkennt Finger. An Verpackungsmaschinen oder Robotern werden Systeme mit einer 30-mm-Auflösung genutzt. Sie erkennt Hände. Systeme mit einer Auflösung von mehr als 50 mm sind zur Körpererkennung. Sie dienen als Zugangssicherung an großen Anlagen.

Neben der Auflösung sind Reichweite, Reaktionszeit und Sicherheitsabstand in Bezug auf die Normanforderungen entscheidend. Diese Parameter werden in der Risikobeurteilung der Schutzzonen dokumentiert und regelmäßig validiert.

Einige Systeme, etwa von SICK oder Omron, bieten zusätzliche Funktionen wie Muting (temporäres Überbrücken beim Materialtransport) oder Blanking (Ignorieren definierter Objekte im Schutzfeld). Solche Funktionen dürfen nur verwendet werden, wenn sie in einer validierten Sicherheitssteuerung korrekt eingebunden sind.

Sicherheits-Laserscanner gehen noch einen Schritt weiter. Sie tasten kontinuierlich den Raum ab und erkennen die Annäherung von Personen oder Objekten in mehreren Zonen. Dabei lassen sich Warnzonen (z. B. zur Geschwindigkeitsreduzierung) und Schutzfelder (für den sofortigen Stopp) frei programmieren. Gerade in kollaborativen Anwendungen, wie etwa an fahrerlosen Transportsystemen oder Cobots, ermöglichen sie dynamische Sicherheitszonen, die sich an die Bewegungsgeschwindigkeit der Maschine anpassen.

Mechanische Sicherheit: Wenn Elektronik nicht ausreicht

Trotz moderner Elektronik bleiben mechanische Verriegelungen unverzichtbar. Interlocks an Schutztüren – etwa von EAO oder Telemecanique – verhindern, dass Türen geöffnet werden. Erst wenn eine gefährliche Bewegung gestoppt wurde, wird der Bereich freigegeben. Codierte Schlüsselsysteme stellen sicher, dass sich eine Schutztür nur in sicherem Zustand öffnen lässt.

Moderne Systeme kombinieren mechanische Verriegelung mit elektronischer Rückmeldung an die Steuerung und erfüllen damit auch Anforderungen an manipulationssichere Systeme.

Bei Wartungsarbeiten kommen Lockout/Tagout-Systeme (z. B. von 3M oder Brady) zum Einsatz. Sie verhindern das unbeabsichtigte Wiedereinschalten einer Maschine, indem Energiequellen physisch isoliert und mit Vorhängeschlössern gesichert werden. Jeder Techniker bringt sein eigenes Schloss an. Erst wenn das letzte entfernt ist, darf die Anlage wieder anlaufen. Dieses Verfahren ist einfach, aber extrem wirksam.

Persönliche Schutzausrüstung: Die letzte Maßnahme

Wenn alle technischen Schutzmaßnahmen greifen, bleibt die persönliche Schutzausrüstung (PSA/PPE) die letzte, aber unverzichtbare Barriere. Honeywell und 3M bieten spezialisierte Lösungen für unterschiedlichste Industrieumgebungen. Sie reichen von Schnittschutzhandschuhen mit Hochleistungsfasern für die Metallverarbeitung über chemikalienresistente Anzüge bis hin zum Gehörschutz. Die Herausforderung liegt in der Balance zwischen maximalem Schutz und praktischer Handhabbarkeit.

Normgerecht und zukunftssicher

Die Sicherheit von Maschinen ist nicht nur moralische, sondern auch gesetzliche Pflicht. Grundlage bilden internationale Normen und Richtlinien:

  • Maschinenrichtlinie 2006/42/EG – rechtlicher Rahmen für Maschinensicherheit in der EU
  • ISO 13849-1/-2 – legt Performance Level (PL) für sicherheitsbezogene Steuerungen fest
  • IEC 62061 – beschreibt die Sicherheitsintegrität (SIL) von Steuerungssystemen
  • IEC 61508 – bildet die Basis für funktionale Sicherheit elektronischer Systeme allgemein

Ein PL e-System (höchster Level) hat eine mittlere Wahrscheinlichkeit gefährlicher Ausfälle von unter 10⁸ pro Stunde. Rechnerisch entspricht das einem Ausfall in rund 100 Millionen Betriebsstunden. Um solche Werte zu erreichen, müssen Komponenten sorgfältig ausgewählt werden, eine redundante Architektur geschaffen werden, sowie Diagnosefunktionen und regelmäßige Validierung durchgeführt werden.

DigiKey bietet mit etwa 25.000 Produkten im Bereich Sicherheitsprodukte alles, was zum Erreichen solcher geringen Ausfallzeiten notwendig ist. Die Verfügbarkeit führender Hersteller wie SICK, IDEC, EAO, Omron, Schneider Electric und weiterer Spezialisten unter einem Dach erleichtert die Systemplanung erheblich. Technische Datenblätter, Applikationshinweise und ein kompetenter Support helfen, die richtige Lösung für jede Sicherheitsanforderung zu finden.

Die Sicherheit von Produkten ist keine Kostenfrage, sondern eine Investition in Menschen, Produktivität und Zukunftssicherheit von Industriesystemen. Die Technologie ist vorhanden und muss nur konsequent eingesetzt werden.

About this author

Image of Eric Halvorson

Eric Halvorson, Senior Marketing Technology Manager – Automation & Control has been with DigiKey for over 17 years. His focus is on the Industrial Automation & Control market. With a background in Electronics, Automation, Product Management, and for the past 5+ years in Supplier Marketing, Eric works with some of the biggest manufacturers in the business. Eric graduated from Northland Community and Technical College in the spring of 2011 with an AAS degree in Electronics Technology and Automated Systems. When not in at work, he spends the majority of his time woodworking, playing golf, and spending time with his family.

More posts by Eric J. Halvorson
 TechForum

Have questions or comments? Continue the conversation on TechForum, DigiKey's online community and technical resource.

Visit TechForum